Gewässerschutz;
Maßnahmen zum Schutz vor Spurenstoffen

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Wir kommen auf einen vorherigen Beitrag zurück, in welchem wir über die Einberufung einer Expertengruppe auf Bundesebene, zur Begutachtung der Gefährlichkeit einzelner Spurenstoffe berichtet hatten. Als weiterer Teil der Spurenstoffstrategie des Bundes entwickeln derzeit drei Runde Tische freiwillige Maßnahmen zur Entlastung der Umwelt. Am Weltwassertag am 22.03.2022 präsentierten sie erste Ergebnisse dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) und dem Spurenstoffzentrum des Bundes. Zudem wurden die strategischen Eckpunkte und Perspektiven für die aktuelle Legislaturperiode vorgestellt.

Rückstände von Arzneimitteln, Pflanzenschutzmitteln, Bioziden und anderen Chemikalien in Seen, Flüssen und Meeren stellen eine der größten Herausforderungen für den Gewässerschutz dar. Eine große Anzahl dieser Spurenstoffe sind im täglichen Gebrauch und bereits geringe Konzentrationen können Schädigungen bei Wasserlebewesen hervorrufen. Auch die Qualität des Trinkwassers ist durch Spurenstoffe gefährdet. Im Rahmen der 2016 von BMUV und Umweltbundesamt (UBA) initiierten Spurenstoffstrategie wurde bereits ein intensiver Dialog zwischen Stakeholdern aus Industrie, Wasserwirtschaft, Kommunen, Umweltorganisationen und den Ländern geführt. Auf Grundlage von freiwilligen Vereinbarungen und Regeln sollen die Einträge von Spurenstoffen in Gewässer verringert werden. Für die Verstetigung der Spurenstoffstrategie wird zudem seit 2021 das Spurenstoffzentrum des Bundes im UBA aufgebaut.

Seit Ende 2019 wurden insgesamt drei runde Tische einberufen, die sich an den wichtigen Spurenstoffen in deutschen Gewässern orientieren, nämlich Benzotriazol (Anti-Korrosionsmittel für Metalle), Diclofenac (Schmerzmedikament) sowie Röntgenkontrastmittel. Im Rahmen der Runden Tische werden auf Herstellerseite Maßnahmen entwickelt, die die Einträge spezifischer Chemikalien in die Gewässer verringern sollen. Sie sollen helfen, die Anwendungsgebiete, Eintragspfade und Risiken für einzelne Spurenstoffe oder Stoffgruppen besser zu verstehen und darauf aufbauend Lösungen im Dialog mit allen beteiligten Akteuren zu erarbeiten.

Durch den Austausch der Stakeholder konnten erste gemeinsame Maßnahmen unter anderem zu Röntgenkontrastmittel und zu Benzotriazol erreicht werden. Für den Rückhalt von Röntgenkontrastmitteln, etwa durch die Einführung von Urinbeuteln und Trenntoilette, werden nun drei bis vier große Umsetzungsprojekte entwickelt. Weiterhin werden Pilotstudien gestartet, welche eine spätere Bilanzierung des Erfolgs ermöglichen.

Der Runde Tische zu Diclofenac verabschiedete eine einvernehmliche Abschlusserklärung, worin eine Reihe kurz- bis mittelfristig umsetzbarer Kommunikationsmaßnahmen zusammengestellt wurden, die die Hersteller auf den Weg bringen wollen. Da die primäre Eintragsquelle von Diclofenac in die Gewässer dessen Anwendung in Form von Salben ist, haben die Hersteller umfassende Informationsmaterialien zur Aufklärung von Ärzten, Apothekern und über Sportverbände erarbeitet, verbunden mit dem eingängigen Slogan „Wischen statt Waschen“. Dies umfasst die Empfehlung, nach dem Auftragen von Diclofenac-haltigen Schmerzsalben, die Hände mit einem Papiertuch abzuwischen und dieses über den Restmüll zu entsorgen. Die Effekte der Arbeit sollen nun in bis zu drei Regionen Deutschlands evaluiert werden.

Das BMUV hat die strategischen Eckpunkte und Perspektiven der aktuellen Legislaturperiode vorgestellt. Im dritten Quartal 2022 soll eine Verbändeanhörung zur Nationalen Wasserstrategie stattfinden, bevor diese Ende des Jahres vorgestellt wird. Die kommunalen Spitzenverbände werden sich in diesen Dialog weiterhin einbringen.

Anmerkung:

Die Wasserver- und Abwasserentsorgung sind Kernleistungen der kommunalen Daseinsvorsorge. Es ist daher wichtig, die kommunale Ebene hinsichtlich ihrer wasserwirtschaftlichen Aufgaben weiter zu stärken. Es ist Sorge zu tragen, dass das Vorsorge- und insbesondere das Verursacherprinzip zukünftig uneingeschränkt Berücksichtigung finden. Spurenstoffeinträge müssen möglichst an der Quelle vermieden werden. In diesem Zusammenhang muss in Deutschland und auch auf europäischer Ebene eine erweiterte Herstellerverantwortung für das Wasserrecht angestrebt und damit in der Wirkungskette früher angesetzt werden. Dass die Bundesregierung diese Forderungen aufgegriffen hat, ist daher aus kommunaler Sicht zu begrüßen.

Die Herausforderungen des Schutzes der natürlichen Gewässer ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Daher müssen auch die Konsumenten weiter für wasserschädliche Produkte sensibilisiert werden. Schon im Rahmen der Bewertung und Zulassung von Stoffen sollten mögliche negative Auswirkungen auf die Gewässer zukünftig verstärkt berücksichtigt werden. Zudem gilt, dass eine einseitige Fokussierung auf kommunale Kläranlagen („4. Reinigungsstufe“) in diesem Zusammenhang abzulehnen ist. Es kommt nun darauf an, den Worten auch Taten folgen zu lassen. Wasser ist lebenswichtig und verdient daher eine besondere Aufmerksamkeit auf allen politischen Ebenen.

27.04.2022